Der Bildung auf der Spur: Zwischen Pisa-Studie und Impulsen in element-i Einrichtungen

Wie steht es eigentlich um die Bildung der Schüler:innen an deutschen Schulen? Eine Antwort liefert in einem drei Jahres-Turnus die Pisa-Studie, die ermittelt, wie es im Vergleich zu anderen Ländern um die Kompetenzen 15-jähriger Schülerinnen und Schüler in Deutschland steht. In diesem Artikel geht es darum, eine Verbindung der Arbeit in Kindertagesstätten und der Arbeit in Schulen herzustellen. Die Pisa-Studie gibt Aufschluss über Ansätze, die weiterverfolgt werden müssen, um die Bildungsarbeit in Deutschland zu verbessern. Geprüft wurden die Bereiche: Naturwissenschaften, Mathematik und Lesen. In der Pisa-Studie aus dem Jahr 2022 wurde der Bereich Mathematik in besonderem Maße untersucht. Es wurde festgestellt, dass die mathematischen Kompetenzen der  Schüler:innen rückläufig sind. Die Ergebnisse im Bereich Mathematik sind stellvertretend bezogen auf den aktuellen Diskurs zum Thema: Bildungssystem in Deutschland. In diesem Newsletter wird es darum gehen, der Frage näher zu kommen, wie wir (Kitaträger, Eltern, Pädagog:innen etc.) aktiv dazu beitragen den Kindern perspektivisch die Möglichkeit zu geben, ein aktiver, verantwortungsvoller Akteur innerhalb der Gesellschaft zu werden.

(Lewalter, Köller, Diedrich, Goldhammer, & Reiss, 2022, S.76) Diagramm mathematische Kompetenz

Erkenntnisse aus der Pisa-Studie geben Aufschluss darüber, wie Kinder und Jugendliche zielgerichtet gefördert und gefordert werden können

Auf den ersten Blick ist in der abgebildeten Grafik zu erkennen, dass nach der Corona-Pandemie die Ergebnisse im Durschnitt in allen anderen OECD-Ländern ebenfalls schlechter wurden. Hervorzuheben ist der Aspekt, dass Deutschland im Vergleich zum Jahr 2012 nicht mehr signifikant besser abschneidet als die anderen Staaten (Lewalter, Köller, Diedrich, Goldhammer, & Reiss, 2022, S. 7-10). Die Ergebnisse sind ein wichtiger  Anhaltspunkt, um Antworten auf die Frage zu finden, welchen Rahmen wir für unsere Kinder schaffen möchten, um ihnen zu ermöglichen, sich selbstbestimmt und selbstbildend auf den Weg zu machen, um sich perspektivisch in der Gesellschaft orientieren zu können und handlungsfähig zu sein  Was bedeutet aber rückläufig oder schlechter genau? Stark verkürzt zeigt die Pisa-Studie auf, dass es den Schülern zunehmend schwerfällt, Sachverhalte zu bündeln, Fakten herauszuarbeiten und zu kombinieren, Lösungswege zu finden und zu analysieren. Grundvoraussetzungen, um gestellte Aufgaben zu durchdringen, werden nicht verstanden. Der Fokus der Bildungseinrichtungen ist in Folge anzupassen, um künftig eine funktionierende auf demokratischen Werten beruhende Gesellschaft sicherzustellen.? Die Studienlage gibt auf diese Fragestellungen Antworten und wird unter anderem im Buch “Assessment and Teaching 21 Century Skills” näher beschrieben. Relevante Fähigkeiten, um künftig in der Gesellschaft handlungsfähig zu sein sind demnach “kritisches Denken, Kreativität, Erforschung und Erkundung, Selbstbestimmung, Initiative und Beharrlichkeit, Verwendung von Informationen, Systemdenken, Kommunikation und Reflexion” (Griffin, McGaw, & Care, S. 3-12). Im OECD-Lernkompass 2030 ist von ähnlichen Kompetenzen die Rede. In der sogenannten „Agency“, geht es übergeordnet darum, die Schüler:innen dafür zu sensibilisieren, dass sie Selbst für Ihr Leben, den Lernerfolg und ihre eigene Entwicklung verantwortlich sind. Die Herausforderung ist, allen Kindern und Jugendlichen gerecht zu werden und vielfältige lebensweltnahe und praxisrelevante Lehrformen anzubieten, Profitieren privilegierte Kinder von offenen Lernformen, sind diese nach Auswertung der PISA-Studie für sozioökonomisch benachteiligte Kinder häufig von Nachteil (Abiko, et al., 2019, S. 34). Daraus ergibt sich ein klarer Handlungsauftrag in den Kindertagesstätten, die wir verantworten.

Sammeln von Vorläufererfahrungen in den element-i Einrichtungen

Der Rahmen in unseren Einrichtungen ist klar definiert. Als Orientierungspunkt in den element-i Einrichtungen haben wir beispielweise die Tagesstruktur. Begrüßung, Freispiel, Kinderkonferenz Impulse etc., die allesamt über definiertere Prozesse abgebildet sind. Bezogen auf den Schwerpunkt dieses Artikels, möchte ich gerne der Intensivphase eine besondere Aufmerksamkeit schenken.
Was ist ein Impuls? Warum Impuls? Was steckt da genau dahinter? Lassen Sie uns etwas grundsätzlicher die Intensivphase betrachten.
Wir verfolgen die Grundannahme das jeder Mensch der Akteur seiner Entwicklung ist und es die Aufgabe der Erwachsenen ist, offen für die Bedürfnisse und Lerndispositionen der unterschiedlich entwickelten Kinder zu sein. Daraus ergibt sich folgerichtig, dass der Selbstbildungsprozess nicht endlich ist, unabhängig von Alter, Herkunft, Kultur etc. Der Mensch bildet sich also selbst.

Was bedeutet das für die Begleitung in unseren Einrichtungen? Der Selbstbildungsprozess setzt voraus, dass die Pädagog:innen in unseren Einrichtungen aktiv die Interaktion und Kommunikation mit den Kindern suchen, in einer Umgebung, die reichhaltig und spannend ist und zu Exploration / Selbstbildung anregt (Kammerlander, 2024, Handout: Angebot vs. Impuls). Wir bieten den Kindern sozusagen den Nährboden, um ihnen zu ermöglichen, sich die Welt zu erschließen oder um es in anderen Worten zu formulieren: „Das Auge schläft, bis der Geist es mit einer Frage weckt“ (Buchtitel: Krippen und Kindergärten in Reggio/Emilia).

Das führt uns direkt zu den Impulsen, die in unseren Bildungseinrichtungen angeboten werden. Was verstehen wir im element-i Netzwerk unter Impulsen? Der angebotene Impuls (lateinisch: Etwas stoßend in Bewegung setzen) setzt voraus, dass dieser auf Interessen, Neugier und Kompetenzen aufbaut, die durch professionelle Pädagog:innen wahrgenommen wurden (zum Beispiel durch den element-i Reisepass oder Kurzbeobachtungen). Daher ist die Beziehung zwischen Freispiel und Impulsphase immer wechselseitig zu betrachten. In der Impulsphase wird das Interesse, welches das Kind in der Freispielphase gezeigt hat, vertiefter und komplexer behandelt, damit die Kinder sich neues Wissen aneignen bzw. vorhandenes Wissen erweitern, Bedürfnisse befrieden, sich Gesamtzusammenhänge erschließen und sich in ihrem Tempo ihren Interessen hingeben können, um die Welt um sie herum zu verstehen. Die Erkenntnisse aus der Intensivphase wiederum haben eine direkte Auswirkung auf die Freispielphase, weil es in dieser darum geht zu wiederholen, zu üben, das neue Wissen mit anderen zu teilen und zu explorieren. Die Perspektive der Intensivphase / Impulsphase ist also immer eine in die Zukunft gerichtete, abgeleitet aus den Interessen der Gegenwart und hat immer den Anspruch, die Kinder voranzubringen, um es ihnen zu ermöglichen die Zone der nächsten Entwicklung zu erreichen Gerne möchte ich nun den Bogen von der Kita zur Schule wieder spannen.

Warum spezifische und zielgerichtete Bildungsangebote so wichtig für die Entwicklung von Kindern sind

Ich nehme Zusammenhänge und Parallelen zwischen den Lehrmethoden an Schulen und der Begleitung der Bildungsangebote wahr.
Beides zielt darauf ab, für Kinder einen Raum zu schaffen, sich gezielt und themenspezifisch Wissen aneignen zu können. Beides setzt voraus, dass der Lehrende (Lehrer:in / Pädagog:in) sich Wissen aneignet, um adäquat auf Fragestellungen eingehen zu können. Beides setzt voraus, dass die Inhalte, die angeboten werden, methodisch und didaktisch so aufgebaut sein müssen, dass die Kinder Spaß am Lernen haben und sich gleichzeitig Wissen aneignen. Ich möchte an dieser Stelle richtig verstanden werden: Mir geht es darum, dass der Intensivphase ein besonderes Augenmerk geschenkt wird, da sie das Potential hat, den Kindern unterschiedlichste Lernerfahrungen zu ermöglichen, die in der Freispielphase auf verschiedenen Wegen fortgeführt werden. Ich möchte Sie zudem dafür sensibilisieren der Impulsvorbereitung (Wie gestalte ich den Impuls aus, wo setze ich an?) und der Herangehensweise (Beobachtung: Welche Interessen, Fertigkeiten, Kompetenzen, Wissen, Bedürfnisse nehme ich bei den Kindern wahr?) die nötige Aufmerksamkeit zu schenken. Es ist unsere Aufgabe den Kindern die bestmöglichen Voraussetzungen zu bieten, um in der Schule weiterhin auf dem Erlebten und Erfahrenem aufbauen zu können, um im System Schule den eigenen und erfolgreichen Weg zu finden.

Mehr von Benjamin Decker 

Literaturverzeichnis 

​​Abiko, T., Adler, A., José, G., van den Akker, J., Augustine, D., Allen, R., & Ataka, K. (2019). OECD Lernkompass 2030 – OECD Projekt Future of Education and Skills 2030 Rahmenkonzept des Lernens. Paris. 

​Griffin, P., McGaw, B., & Care, E. (kein Datum). Assessement and Teaching of 21st Century Skills.  

​Kammerlander, C. (2024). Handout: Angebot vs. Impuls.  

​Lewalter, D., Köller, O., Diedrich, J., Goldhammer, F., & Reiss, K. (2022). PISA 2022 – Analyse der Bundungsergebnisse in Deutschland. Münster: Waxmann. 

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