Optimismus, als eine der sieben Säulen der Resilienz nach Ursula Nuber, spielt eine zentrale Rolle in der Resilienzförderung. In der Psychologie gibt es verschiedene Konzepte von Optimismus, die jeweils unterschiedliche Aspekte dieser positiven Haltung beleuchten (siehe Kasten „Wissen kompakt“). Grundlegend bedeutet es, eine positive Grundhaltung zu bewahren und daran zu glauben, dass Krisen und Probleme überwunden werden können und positive Ereignisse eintreten werden. Diese Haltung hilft Kindern und Erwachsenen, Herausforderungen mit Zuversicht zu begegnen und nach vorne zu schauen. Die mentale Einstellung, die darauf fokussiert ist, das Gute im Leben zu sehen und zu erwarten und somit Misserfolge als temporäre Rückschläge zu sehen, die durch eigene Anstrengung und Ausdauer überwunden werden können. Diese positive Haltung ermöglicht es ihnen, Probleme als vorübergehend und lösbar anzusehen, anstatt in Ängsten und Zweifeln zu verharren.
In der Kindertagesstätte ist es entscheidend, den Kindern eine optimistische Grundhaltung zu vermitteln. Dies kann durch positive Verstärkung, das Schaffen von Erfolgserlebnissen und das Vorleben einer positiven Einstellung geschehen. Kinder, die lernen, das Positive in schwierigen Situationen zu sehen, entwickeln eine stärkere psychische Widerstandskraft und sind besser in der Lage, mit Stress und Belastungen umzugehen.
Wie kann dies konkret umgesetzt werden?
- Positives Denken kultivieren: Üben Sie, täglich über mindestens drei positive Dinge zu sprechen, die passiert sind. Dies hilft, den Fokus auf positive Erfahrungen zu lenken. Nutzen Sie Affirmationen; dies sind positiv formulierte Aussagen, die man sich selbst zuspricht, um negative Gedankenmuster durch optimistische Überzeugungen zu ersetzen, wie zum Beispiel: „Ich sehe in jeder Herausforderung eine Chance.“ oder „Ich bin voller Zuversicht für die Zukunft.“
- Selbstgespräche lenken: Achten Sie auf Ihre inneren Dialoge und ersetzen Sie negative Gedanken durch positive, realistische Überzeugungen. Sagen Sie sich selbst positive Affirmationen wie „Fake it, ‚till you make it!“ – „Tu so als ob, bis du es wirklich kannst.“ Diese Haltung hilft, eine optimistische Grundhaltung zu entwickeln.
- Positive Sprache verwenden: Erzieherinnen und Erzieher sollten bewusst positive Sprache verwenden und Kinder ermutigen, ebenfalls positive Ausdrücke zu nutzen. Stellen Sie sich z.B. bildlich vor, wie Sie erfolgreich eine Hürde meistern und fühlen Sie die damit verbundenen positiven Emotionen.
- Dankbarkeit praktizieren: Regelmäßige Übungen, wie z.B. das Dankbarkeitstagebuch, stärken das Bewusstsein für die guten Dinge im Leben. Mit Kindern können Sie eine Dankbarkeits-Schatzkiste anlegen: Eine kleine Holzkiste, die mit schönen Erinnerungsstücken oder Zetteln gefüllt wird, auf denen positive Momente festgehalten wurden. Am Ende der Woche werden diese Momente gemeinsam reflektiert, um die positiven Erlebnisse in den Vordergrund zu stellen.
- Erfolgserlebnisse ermöglichen: Aktivitäten, bei denen Kinder ihre Stärken zeigen können, fördern das Selbstbewusstsein und die Zuversicht.
- Ziele setzen: Realistische und erreichbare Ziele setzen, die Hoffnung und Fortschritt fördern.
- Partizipation ermöglichen: Kinder aktiv in Entscheidungen einbeziehen, die ihren Alltag betreffen, um das Gefühl der Selbstwirksamkeit zu stärken.
- Problemlösungsstrategien entwickeln: Anstatt sich auf Probleme zu konzentrieren, sollten Sie lösungsorientiertes Denken fördern.
Martin Seligman führt dazu aus: „Optimisten neigen dazu, Rückschläge als vorübergehend, spezifisch und extern zu betrachten, während Pessimisten sie als dauerhaft, universell und intern ansehen“. Die zuversichtliche Perspektive ist besonders wertvoll im Kita-Alltag, wo sowohl Kinder als auch Erziehende regelmäßig mit Herausforderungen konfrontiert werden.
Kinderbücher, die den Optimismus fördern: Praxisnahe Empfehlungen
Wie können wir sowohl den Kindern als auch uns selbst helfen, gestärkt aus Herausforderungen hervorzugehen? Hier können optimistische Kinderbücher eine wertvolle Unterstützung bieten. Sie kennen sicherlich einige dieser Bücher bereits aus Ihrer Praxis:
„Frederick“ von Leo Lionni
In Ihrer Kita haben Sie vielleicht schon erlebt, wie Kinder durch kreative Aktivitäten wie Malen oder Geschichtenerzählen ihre Emotionen ausdrücken und verarbeiten. Frederick zeigt, wie wichtig es ist, auch in schwierigen Zeiten das Schöne zu sehen und positive Gedanken zu bewahren. Nutzen Sie dieses Buch, um mit den Kindern über die Bedeutung von positiven Erinnerungen und Kreativität zu sprechen.
„Der kleine Drache Kokosnuss und die starken Wikinger“ von Ingo Siegner
Kinder lieben Abenteuer und Geschichten über mutige Helden. In Ihrer Kita können Sie die Geschichten des kleinen Drachen Kokosnuss nutzen, um den Kindern zu zeigen, wie wichtig es ist, an sich selbst zu glauben und optimistisch zu bleiben, auch wenn Herausforderungen zu bewältigen sind. Planen Sie gemeinsame Aktivitäten, bei denen die Kinder ihre eigenen kleinen Abenteuer erleben und meistern können.
„Das kleine Ich bin ich“ von Mira Lobe
Selbstakzeptanz und Identitätsfindung sind wichtige Themen im Kita-Alltag. Sie kennen sicherlich Situationen, in denen Kinder sich fragen, wer sie sind und wo sie hingehören. „Das kleine Ich bin ich“ hilft Kindern, sich selbst zu akzeptieren und ihre Einzigartigkeit zu schätzen. Nutzen Sie dieses Buch, um Gespräche über Selbstwertgefühl und Individualität zu fördern.
„Die kleine Raupe Nimmersatt“ von Eric Carle
Veränderungen gehören zum Leben der Kinder in Ihrer Kita. Die Geschichte der kleinen Raupe, die sich in einen wunderschönen Schmetterling verwandelt, zeigt Kindern, dass Veränderungen und Wachstum positive Aspekte des Lebens sind. Verwenden Sie dieses Buch, um den Kindern zu zeigen, dass Geduld und Optimismus wichtige Eigenschaften sind, um Veränderungen positiv zu erleben.
„Oh, wie schön ist Panama“ von Janosch
Freundschaft und Hoffnung sind zentrale Themen in Ihrer Arbeit. „Oh, wie schön ist Panama“ zeigt, wie wichtig es ist, gemeinsam nach einer besseren Zukunft zu suchen und optimistisch zu bleiben. Nutzen Sie dieses Buch, um mit den Kindern über ihre eigenen Träume und Wünsche zu sprechen und wie sie diese erreichen können.
„Der Grüffelo“ von Julia Donaldson
Kinder in Ihrer Kita können durch die Geschichte der kleinen Maus, die durch ihren Einfallsreichtum und Optimismus einen großen, gefährlichen Grüffelo überlistet, lernen, dass auch die Kleinsten große Herausforderungen durch positive Denkweise und Kreativität meistern können. Planen Sie Rollenspiele, in denen die Kinder ihre eigenen Geschichten erfinden und Lösungen für Probleme finden.
„Irgendwie Anders“ von Kathryn Cave
In Ihrer Kita erleben Kinder oft, dass sie sich anders fühlen als andere. „Irgendwie Anders“ zeigt, dass Anderssein etwas Positives ist und dass Freundschaft und Akzeptanz wichtig sind. Nutzen Sie dieses Buch, um Gespräche über Vielfalt und Inklusion zu fördern und den Kindern zu zeigen, dass jeder einzigartig und wertvoll ist.
„Der Regenbogenfisch“ von Marcus Pfister
Teilen und Freundlichkeit sind wichtige Werte, die Sie in Ihrer Kita vermitteln. „Der Regenbogenfisch“ lehrt Kinder, dass Großzügigkeit und Freundlichkeit zu einem glücklichen Leben führen. Verwenden Sie dieses Buch, um den Kindern zu zeigen, wie wichtig es ist, freundlich zu sein und zu teilen.
Diese Bücher sind nicht nur unterhaltsam, sondern vermitteln auch wichtige Botschaften, die helfen können, eine optimistische und positive Einstellung zu entwickeln. Sie sind wertvolle Werkzeuge, um Resilienz und Optimismus im Kita-Alltag zu fördern. Nutzen Sie diese Geschichten, um mit den Kindern über ihre eigenen Erfahrungen zu sprechen und ihnen zu zeigen, wie sie Herausforderungen mit einer positiven Grundhaltung meistern können.
Wissen Kompakt:
Es gibt verschiedene Konzepte von Optimismus in der Psychologie, die unterschiedliche Aspekte und Herangehensweisen beschreiben. Hier sind die wichtigsten Konzepte, die durch wissenschaftliche Quellen belegt werden können:
Dispositionaler Optimismus beschreibt eine stabile Persönlichkeitseigenschaft, bei der Menschen generell positive Erwartungen für ihre Zukunft haben. Diese Form des Optimismus wurde von Michael Scheier und Charles Carver entwickelt und ist durch das „Life Orientation Test“ (LOT) messbar. Menschen mit hohem dispositionalen Optimismus neigen dazu, positive Ergebnisse zu erwarten und sind widerstandsfähiger gegenüber Stress und Rückschlägen.
Optimistischer Attributionsstil zeigt auf, welche Ursachen der Mensch positiven und negativen Ereignisse zuschreibt. Optimisten tendieren dazu, Erfolge internal, stabil und global zu attribuieren, während sie Misserfolge als extern, vorübergehend und situationsspezifisch erklären. Dieser Ansatz wurde von Martin Seligman im Rahmen seiner Theorie des erlernten Optimismus entwickelt.
Realistischer Optimismus ist die gesündeste Form, bei der optimistisches Denken mit Realismus kombiniert wird. Es bedeutet, Situationen realistisch einzuschätzen und dennoch das Positive zu sehen und an Lösungen zu glauben. Realistischer Optimismus hilft, Risiken nicht zu unterschätzen und gleichzeitig motiviert und lösungsorientiert zu bleiben.
Unrealistischer oder naiver Optimismus kann problematisch sein, da Risiken unterschätzt und Fakten ignoriert werden. Menschen mit dieser Art von Optimismus neigen dazu, sich in gefährliche Situationen zu begeben oder unvorbereitet zu sein, weil sie die Wahrscheinlichkeit negativer Ereignisse nicht realistisch einschätzen.
Diese Konzepte zeigen, dass Optimismus in der Psychologie differenziert betrachtet wird und verschiedene Formen und Auswirkungen haben kann. Durch das Verständnis dieser Konzepte können gezielte Maßnahmen entwickelt werden, um einen gesunden und realistischen Optimismus im Kita-Alltag zu fördern.
Literatur
Carle, Eric (2007): Die kleine Raupe Nimmersatt. 53. Auflage. Gerstenberg: Hildesheim
Cave, Kathryn (2024): Irgendwie anders. 33. Auflage. Oetinger: Hamburg
Donaldson, Julia (2023): Der Grüffelo. 27. Auflage. Beltz: Weinheim
Dr. Merkle, Rolf (2022): Optimismus – eine innere Haltung, die erlernbar ist. Abrufbar unter: https://www.psychotipps.com/optimismus.html Zuletzt aufgerufen am 05.08.2024
Glaesmer, Heide; Hoyer, Jürgen; Klotsche, Jens; Herzberg, Philip Yorck (2008): Die deutsche Version des Life-Orientation-Tests (LOT-R) zum dispositionellen Optimismus und Pessimismus. In: Zeitschrift für Gesundheitspsychologie. Hogrefe: Göttingen, S. 26-31. Abrufbar unter: kurzbericht_glaesmer.pmd (tu-dresden.de) (zuletzt aufgerufen am 09.08.2024)
Janosch (2023): Oh, wie schön ist Panama. 56. Auflage. Beltz: Weinheim
Lionni, Leo (2024): Frederick. 21. Auflage. Beltz: Weinheim
Lobe, Mira (2019): Das kleine Ich bin ich. 45. Auflage. Jungbrunnen: Wien
Mauritz, Sebastian (2021): Sieben Säulen der Resilienz nach Ursula Nuber. Abrufbar unter: Sieben Säulen nach Nuber – Resilienz-Akademie (zuletzt aufgerufen am 05.08.2024)
Pfister, Marcus (2022) Der Regenbogenfisch. 43. Auflage. NordSued: Zürich
Renner, Britta; Weber, Hannelore (2005): Optimismus. In: Weber, Hannelore; Rammsayer, Thomas (Hrsg.): Handbuch der Persönlichkeitspsychologie und Differentiellen Psychologie. Hogrefe: Göttingen, S. 446-453. Abrufbar unter: Optimismus (uni-konstanz.de) (zuletzt aufgerufen am 09.08.2024)
Seligman, Martin (2005): Der Glücks-Faktor: Warum Optimisten länger leben. 17. Auflage. Lübbe: Köln
Siegner, Ingo (2010): Der kleine Drache Kokosnuss und die starken Wikinger. CBJ: München
Warkentin, Nils (2024): Optimismus: Bedeutung, Übungen & Sprüche. Abrufbar unter: Optimismus: Bedeutung, Übungen & Sprüche (karrierebibel.de)