Kennen Sie das? Ein Kind stellt eine Frage zu Naturwissenschaften oder Technik und Sie kennen die Antwort nicht? Sie haben Hemmungen, Impulse im Bereich Mathematik und Informatik anzubieten, weil Ihnen vermeintlich das „Know how“ fehlt?
Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – kurz MINT – sind Professionen und Themen, die oft nicht direkt mit einer Kita in Verbindung gebracht werden. Doch wenn wir genau hinschauen, finden wir MINT überall! Ob die Tische für das Mittagessen gedeckt oder die Perlen nach Farben sortiert werden, ob ein Wettrennen veranstaltet, der Lichtschalter betätigt oder ein Marienkäfer auf einem Blatt oder der Regen beobachtet wird – überall im Kitaalltag entstehen Lerngelegenheiten, die in der frühen MINT-Bildung eine entscheidende Rolle spielen.
Kinder haben viele Fragen – Welche Haltung habe ich selbst?
Wie entsteht ein Regenbogen? Wie funktioniert das Licht? Wie kommt die Farbe in die Blumen? Was ist Strom? Wieso schwimmt das Boot, und wieso geht der Stein unter? Fragen, die Erwachsene häufig nicht direkt beantworten können und auch nicht sollen. Es ist nicht die Aufgabe von Erwachsenen, den Kindern die Welt zu erklären. Die wichtigste Grundhaltung ist es, sich offen auf die Fragen der Kinder einzulassen. Im Sinne der Ko-Konstruktion wird gemeinsam mit Kindern der Prozess angestoßen, sich mit dem jeweiligen Thema oder einer Frage zu befassen. Sich selbst als Lernende:r zu sehen trägt dazu bei, die eigene Neugier als intrinsische Motivation zu nutzen, den Dingen auf den Grund gehen zu wollen. Im Rahmen der MINT-Bildung geht es weniger um die Lösung, sondern vielmehr um den Prozess, wie Sie sich gemeinsam mit den Kindern auf den Weg begeben, eine Antwort zu finden oder ihr näher zu kommen.
Wieso ist eine frühe MINT-Bildung so wichtig?
In einer Welt, die von Innovationen und Technologien geprägt und zunehmend komplex erscheint, ist ein solides Grundwissen in den genannten Bereichen von entscheidender Bedeutung. Die Reise zu den MINT-Themen muss in der frühkindlichen Bildung verortet sein, um bei Kindern eine solide Grundlage zu schaffen sich in unserer komplexen Gesellschaft zurechtzufinden. Die frühkindliche MINT-Bildung ist mehr als nur das Erlernen von Zahlen, Formen und Fakten. Sie ist ein ganzheitlicher Ansatz, der die Kinder in ihrer Neugier ernst nimmt und den Forschergeist der Kinder fördert. Die Kinder begegnen der Welt als geborene Forscher:innen mit einer offenen, forschend lernenden Haltung. Sie in dieser Haltung im Kitaalltag zu fördern und Lerngelegenheiten zu nutzen, das stellt die Grundlage der frühkindlichen MINT-Bildung dar.
Lerngelegenheiten erkennen und Wege begleiten
Die Lerngelegenheiten zu erkennen und die Kinder auf ihren Lernwegen zu begleiten ist der ausschlaggebende Faktor in der frühen MINT-Bildung. Durch die Auseinandersetzung mit ihren Fragen werden Kinder in ihrer Problemlösefähigkeit gefördert. Sie stellen Hypothesen auf und überprüfen diese. Durch Versuch und Irrtum werden Möglichkeiten ausgeschlossen und gegebenenfalls eine Lösung oder Antwort auf die Frage gefunden. Durch das aktive Forschen in MINT-Bereichen werden kreative Denkprozesse angeregt. Kinder lernen, kritisch zu denken und neue Ideen zu entwickeln, was sie zu innovativen Problemlösern macht. Im Kontakt mit anderen werden wichtige soziale Kompetenzen gefördert: Kinder lernen auszuhandeln, zu partizipieren, andere Wege zu probieren und sich auf unterschiedliche Perspektiven einzulassen.
Durch die Faszination an Phänomenen, unterschiedlichen Vorgängen und durch das Interesse der Kinder am eigenen Tun lernen sie, sich aktiv mit ihrer Welt auseinanderzusetzen und das Erlernte auf andere Alltagssituationen zu übertragen. Weiterführend lernen Kinder, wie sie diese Erkenntnisse für sich nutzen und für die zukünftige Gestaltung ihrer Lebensbedingungen einsetzen können. Durch die frühe MINT-Bildung wird die Grundlage geschaffen, komplexe Zusammenhänge in der Umwelt zu erkennen und einzuordnen (vgl. Lück 2012, S. 21.ff).
Impulse setzen und Interessen fördern
Viele Lerngelegenheiten ergeben sich aus dem Alltag und den Fragen der Kinder. Für eine gute frühkindlichen MINT-Bildung ist es weiter wichtig, Impulse zu setzen, welche die Neugier und das Interesse der Kinder anregen. Durch eine ansprechende Umgebung und das Bereitstellen unterschiedlicher Materialien werden Kinder zu neuen Fragen angeregt und probieren sich aus. Im Rahmen von Projekten können alle MINT-Bereiche auf unterschiedliche Art und Weise in den Blick genommen werden und am Ende ein Gesamtzusammenhang hergestellt werden (vgl. Oelsner 2024, S. 5). Durch den Einsatz von Spielen und Aktivitäten können Kinder dazu ermutigt werden, naturwissenschaftliche Phänomene zu entdecken und mathematische oder informatische Konzepte spielerisch zu erkunden. Eine weitere Möglichkeit, Impulse im Bereich der Technik zu setzen, besteht darin, Geräte im Kitaalltag gemeinsam mit den Kindern zu erkunden und zu reparieren. Durch die Auseinandersetzung mit den Geräten kann das Interesse an technischen Zusammenhängen gefördert werden. Mit Blick auf den Naturraum ist es möglich, den Forschergeist der Kinder weiter zu wecken, indem sie sich im Naturraum aufhalten und neue Erfahrungen machen. Hierbei können Ausflüge im Sozialraum wie beispielsweise zu einem Bauernhof, botanischen Gärten und Museen den Kindern neue Anregungen bieten, ihre Umgebung zu erkunden, sich weitere Fragen zu stellen und so neue Zusammenhänge zu entdecken.
Um frühkindliche MINT-Bildung effektiv zu fördern, ist es wichtig, dass Bildungseinrichtungen gemeinsam mit den Eltern und Kindern zusammenwirken, um eine unterstützende Umgebung zu schaffen, die Neugier und Entdeckungslust fördert. Wenn wir Erwachsenen die Fragen der Kinder hören und diesen forschend nachgehen, tragen wir einen wichtigen Teil zu einer frühkindlichen MINT-Bildung bei!
Literatur
Lück, Gisela (2012): Handbuch naturwissenschaftlicher Bildung. 2. Auflage 2012, Freiburg: Herder
Oelsner, Veronica (2024): Die Dinge hinterfragen. KinderKinder 1/2024