Was Eltern bei der Eingewöhnung ihres Kindes brauchen

Eltern durchleben mit der Eingewöhnung ihres Kindes in die Kita selbst einen Veränderungsprozess: Sie werden mit einem Mal zu Eltern eines Kita-Kindes oder mehrerer Kinder. Der Prozess ist also auch für die Eltern eine Art Eingewöhnung. Dabei brauchen manche Eltern mehr, manche weniger Begleitung. Die Eingewöhnung ist oft der erste Schritt des Abnabelungsprozesses zwischen Kind und Eltern. Die Eltern lernen zu akzeptieren, dass ihr Kind zu anderen Personen eine Beziehung aufbaut – zu Personen, die dem eigenen Kind wichtig werden – und dass ihr Kind fortan einen eigenen Tagesablauf außerhalb des elterlichen Blickfeldes hat.

Zugleich steht meist der Wiedereinstieg eines Elternteils in den Beruf mit an, in vielen Familien arbeiten damit beide Elternteile wieder. In den familiären Abläufen geht damit eine Zäsur einher: Der Tagesablauf verändert sich. Alle stehen gezielt auf, es braucht ein gemeinsames Sich-Fertig-Machen. Denn die Eltern möchten oder müssen zu einer bestimmten Uhrzeit zur Arbeit und ihr Kind vorher in die Kita bringen. Nachmittags verläuft dieses Prozedere umgekehrt: Abholen des Kindes in der Kita, vielleicht sind Besorgungen auf dem Nachhauseweg zu erledigen oder ein Besuch am Spielplatz geplant, nach Hause kommen und die Abendroutinen einläuten. Diese Übergänge können einen gewissen Druck auslösen, manche empfinden Stress, besonders wenn etwas Unerwartetes dazwischenkommt und die Planungen durcheinanderbringt. In der Zeit der Eingewöhnung spielt zusätzlich eine Ungewissheit mit: Die Eltern wissen nämlich noch gar nicht, wie sich ihr Alltag verändern und wie das Kind die neuen Abläufe mitmachen wird.

Das Erstgespräch als Basis für eine vertrauensvolle Beziehung

Um das alles für sich zu gestalten und zu bewältigen, benötigt es seitens der Eltern eine große Portion Vertrauen in die Einrichtung und die zuständigen Fachkräfte. Viele Eltern vertrauen auf die Kompetenzen der pädagogischen Kräfte in der Kita. Das reicht jedoch nicht, die Fachkräfte tun gut daran, sich das Vertrauen der Eltern zu erhalten und auszubauen. Dafür kann Vieles im Vorfeld getan werden.

Der Beziehungsaufbau zu den Eltern startet schon mit der ersten Kontaktaufnahme per Telefon, setzt sich fort mit der Hausführung und dem Erstgespräch vor der Eingewöhnung (nutzen Sie hierfür auch die Dokumente im Qualitätshandbuch). Neben Freundlichkeit und Zugewandtheit spielt in allen Kontakten mit den Eltern Transparenz eine große Rolle, sowie das aufrichtige Interesse an den Gedanken und Bedarfen der Eltern. Wenn es der Fachkraft gelingt, bereits im Erstgespräch die Fragen, Bedenken oder auch Ängste der Eltern herauszufinden, ist das ein großer Schritt in die richtige Richtung. Wenn die pädagogische Kraft sich dieser Themen auch annimmt, fühlen sich Eltern aufgehoben und ernst genommen.  

Transparente Kommunikation

Auch im Eingewöhnungsverlauf bleibt eine transparente Kommunikation bedeutend. Solange das Elternteil noch da ist, kann es das Agieren des Kindes selbst sehen und einschätzen. Manchmal kommen bereits in diesen Situationen Fragen auf, bezüglich des pädagogischen Handelns der Fachkräfte u.a.m. Scheuen Sie sich nicht, offen miteinander im Gespräch zu sein und dem Elternteil offensiv Abläufe und Handlungen zu erklären. Nachfragen werden viele Eltern vermutlich nicht. Daher ist es Ihre Verantwortung zu erklären, warum Sie im Eingewöhnungsprozess nun welche Schritte andenken und an welchen Signalen des Kindes Sie diese Vorgehensweise festmachen. Verlässt das Elternteil dann den Raum und lässt vielleicht zum ersten Mal das eigene Kind bei einer fremden Person, ist der Prozess für die Eltern nur bedingt nachvollziehbar. Für die Eltern ist das, was nun im Raum geschieht, in dem ihr Kind sich aufhält, wie eine Black-Box: Das Elternteil erlebt nicht mehr hautnah, wie sein Kind agiert und wie auf seine Bedürfnisse eingegangen wird. Lässt sich das Kind beruhigen? Empfindet es Stress? Ist es unglücklich? Nehmen Sie sich daher die Zeit und berichten Sie den Eltern beim Abholen, was ihr Kind getan hat, woran es Freude hatte und welche Schritte ihm gelungen sind. Diese Rückmeldungen müssen zwingend über das alte Prinzip von „satt – sicher – sauber“ hinausgehen. Die Eltern möchten mit Informationen zum Wohlbefinden ihres Kindes abgeholt werden. Gerade bei jungen Kindern erschwert die noch eingeschränkte Kommunikationsfähigkeit, dass das Kind diese Erlebnisse selbst berichtet. Seien Sie in dieser sensiblen Phase das Sprachrohr des Kindes.

Die Eltern merken so, dass die Bedürfnisse und Interessen ihres Kindes gesehen werden und auch zunehmend passend darauf eingegangen wird. Letztlich ist dies eine der größten Fragen von Eltern vor der Eingewöhnung: Wie gelingt es der pädagogischen Kraft, auf die individuellen Bedürfnisse des eigenen Kindes in einer Kindergruppe einzugehen. Durch Ihre Berichte können die Eltern teilhaben an den Entwicklungsschritten, die ihr Kind in der Einrichtung macht und die sie verpassen. Gerade am Anfang der Kita-Zeit sind diese kleinen, aber inhaltlich vielfältigen Rückmeldungen wichtig und bieten die Basis für eine offene und vertrauensvolle Erziehungspartnerschaft.

Abläufe und Routinen

Beim Eingewöhnen der Eltern sind Abläufe und Routinen zentral. Auch Eltern brauchen diese Sicherheit und Orientierung bietenden Routinen. Ein typisches Beispiel dafür ist die Verabschiedung, schon bei den ersten Trennungsversuchen. Eltern sind mitunter unsicher, wie sie sich vom eigenen Kind verabschieden sollen, gerade wenn das Kind noch jung ist oder die Eltern ihre erste Eingewöhnung erleben. Viele Eltern zögern beispielsweise, wenn dem Kind das Weggehen des Elternteils zu missfallen scheint. Entwickeln Sie daher gemeinsam und möglichst frühzeitig mit den Eltern Ideen für Abschiedsrituale. Das darf beim Erstgespräch thematisiert werden und kann vom gemeinsamen Winken am Fenster über einen Abschiedsspruch mit Küsschen hin zu einer routinemäßigen Handlung, wie gemeinsam das Frühstück fürs Kind anrichten, reichen. Hier sind der Individualität und Kreativität keine Grenzen gesetzt. Es ist dabei auch sinnvoll, wenn die Eltern dieses Ritual bei Verabschiedungen vor der Eingewöhnung einführen. Dann wäre das Ritual dem Kind bereits bekannt. Und das Elternteil kann sich mit dem Gefühl des Abgebens und des Verabschiedens auseinandersetzen. Den Erwachsenen helfen solche routinierten Abläufe – allgemein auch Skripte genannt – und geben ihnen Sicherheit, den Abschiedsprozess zu bewältigen. Sollte es doch mal schwieriger sein, tschüss zu sagen, hilft die Zusicherung, dass die Fachkraft sich meldet, sobald das Kind sich beruhigt hat. Auch dies trägt wieder zu einer vertrauensvollen Erziehungspartnerschaft bei.

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