Die element-i Pädagogik: Von der Krippe bis zum Abschluss

Stellen wir uns einmal vor, Lara wird mit ca. einem halben Jahr im element-i Kinderhaus Energiebündel eingewöhnt und verbringt dort ihre gesamte Kita-Zeit. Mit rund 6 Jahren wechselt Lara in die freie element-i Grundschule in Stuttgart Vaihingen und macht in ihrem 18. Lebensjahr, mittlerweile erwachsen, ihren Abschluss im element-i Bildungshaus. In diesem Gedankenspiel identifizieren sich die Eltern mit der der element-i Konzeption und den darin enthaltenen Werten, der Weltanschauung (vgl. Kammerlander et al. 2018, S 2-6) und dem Erziehungsstil (vgl. Kammerlander et al. 2018, S. 11-13). Demnach erlebt Lara auch zu Hause ein Umfeld, welches ihr Geborgenheit und Sicherheit gibt und gleichzeitig ein Ort ist, an welchem sie als Mensch jederzeit respektiert und ernst genommen wird. Wie hat Lara sich über die Jahre hinweg entwickelt, welchen Einfluss hat die element-i Pädagogik auf Ihr Leben genommen?

#eskommtaufmichan

Wir arbeiten in einer Dienstleistungsbranche, in welcher das Ergebnis der Dienstleistung beim einzelnen Individuum nicht unmittelbar zu erkennen, greifen oder spüren ist. Zu viele emotionale und soziale Einflüsse umgeben das Kind, um gewiss sagen zu können, welche erzieherischen Handlungen, welche Beziehungen oder sonstigen Erfahrungen ausschlaggebend für die Entwicklung des Kindes waren. Dennoch stelle ich sie mir immer wieder, die Frage nach dem Ergebnis. Mein innerer Antrieb liegt darin, die Gesellschaft aktiv mitgestalten zu wollen. In der Konsequenz bedeutet diese Vision für die Profession pädagogischer Fachkräfte, sich dieser Verantwortung vollumfassend anzunehmen. Mit dem Ziel, dass unzählige Kinder die Chance erhalten, durch den Besuch unserer Einrichtungen, ihren individuellen Platz in der Gesellschaft einnehmen und starke und verantwortungsbewusste Persönlichkeiten werden (vgl. Kammerlander et al. 2018, S. 7). Wenn wir uns gemeinsam auf diese innere Ausrichtung einigen können, sollten wir stets reflektieren, wie wir die element-i Pädagogik umsetzen und leben wollen. Ich möchte den Blick in diesem Beitrag auf uns selbst richten, ganz im Sinne von, #eskommtaufmich an. Ohne den/die Einzelnen an seiner/ihrer Stelle und mit unterschiedlichen Aufgabenbereichen, kann keine Gemeinschaft entstehen und ohne diese Zugehörigkeit, fehlt es an Verantwortungsgefühl, welches uns antreibt, unsere Ziele zu verfolgen und umzusetzen. Wie kann es gelingen, für jedes Kind an jedem Tag, einen guten Tag zu schaffen?

Wie jeder Tag zu einem guten Tag für Kinder wird

Der „Rahmen“ wird im Folgenden im Fokus stehen (vgl. Kammerlander et al. 2018, S. 3). Jeder funktionierende Plan, jeder Umsetzungsprozess, jeder Produktionsprozess und jede Konzeption müssen einen klar definierten Rahmen haben. Dieser muss gegeben sein, um Orientierung und Handlungssicherheit zu geben. Ohne einen Rahmen herrscht Beliebigkeit und das spiegelt sich in einem schlechten Ergebnis wider. Welche Vorgaben und Bedingungen rahmen die element-i Pädagogik ein? Die Orientierungsqualität bildet übergeordnet den Rahmen in Bezug auf Wertvorstellungen, Erziehungsstile, das Bild vom Menschen etc. Es wird im Kern beschrieben, worauf man hinauswill, und beschreibt weiter wie die element-i Pädagogik Einzug in die Häuser erhalten soll. Die Prozessbeschreibungen gehen noch stärker auf das “wie” ein, um die element-i Pädagogik für alle Mitarbeiter:innen des Netzwerks kohärent zu machen. Die Leitlinien geben vor, mit welchem Anspruch und mit welcher Idee, den Kindern begegnet werden soll. Sichtbar wird das beispielsweise im erzieherischen Handeln, also in der Interaktionsqualität zwischen Betreuungspersonen und dem einzelnen Kind. Unsere fünf Leitlinien (autonome)Verbundenheit, (verbundene) Autonomie, Freude am Lernen, Resilienz und Gesundheit sind der Kompass der gesamten element-i Pädagogik. Sie leiten sich aus wissenschaftlichen und entwicklungspsychologischen Erkenntnissen ab. Demzufolge basieren alle daraus resultierenden Prozesse und Interaktionssequenzen auf den Leitlinien. Werden in der Begrüßungssequenz die Bedürfnisse der Eltern und Kinder unter Berücksichtigung der Leitlinie (autonome) Verbundenheit aktiv wahr- und ernstgenommen? Wenn ja, wie äußert sich das unmittelbar in der Interaktion mit den Eltern und Kindern am Morgen? Worauf achten Sie? Haben Sie das pädagogische Verhalten mit dem Prozess abgeglichen? Welche Entscheidungen treffen Sie?

Folgende Situation soll diese Fragen und die Verhaltensweisen, die daraus resultieren, verdeutlichen:

Lara hatte eine schwierige Nacht. Sie hat am Wochenende bei ihrer Oma übernachtet und es war unglaublich aufregend für sie. Am nächsten Tag (Sonntag) konnte sie einfach nicht einschlafen, es wurde sehr spät und am Montagmorgen war Lara unausgeschlafen und der Start in den Tag war durchaus herausfordernd für alle Parteien, Eltern und Kind. Lara wollte nicht in die Kita, aber die Lebensrealität der Familie lässt es nicht zu, dass einer der beiden Elternteile diesen Wunsch ermöglichte und zu Hause bleiben konnte. Im Kinderhaus angekommen, begrüßte eine Mitarbeiterin des Hauses Lara herzlich und bemerkte schnell, dass sie etwas bewegte. Sie nahm sich Lara direkt an, die sich abwandte und die Beine ihres Vaters umschlang. Die Pädagogin holte umgehend ihr Lieblingskuscheltier und merkte an, dass es dem Esel, ihrem Esel Carlo, nicht gut ginge, woraufhin sie die Aufmerksamkeit von Lara sicherstellte. Sie suchte den Dialog zu Lara, um ein Gefühl dafür zu bekommen, was sie benötigt, um gut anzukommen. Dadurch konnte sie eine Verbindung zu Lara aufbauen, so dass sich Lara öffnen konnte.

Wie sieht der Prozess der Begrüßung und des Ankommens am Morgen aus, wenn die Betreuungspersonen des Kinderhauses das Bedürfnis nach Verbundenheit nicht erfüllen? Die Ausgangslage ist dieselbe für Lara.

(…). Im Kinderhaus angekommen, fühlte sich niemand für Laras Belange verantwortlich. Der Vater versuchte auf Lara einzugehen, doch ihm gelang es nicht, Lara davon zu überzeugen, dass es in der Kita doch schön sei. Sachliche Argumentationen hatten keine positiven Auswirkungen auf Laras Gemütszustand. Der Vater suchte nach einem zuständigen Teammitglied der Einrichtung und sah auf einem Stuhl eine Pädagogin sitzen. Sie wirkte etwas abwesend und fragte, ob sie Lara nehmen solle. Lara umklammerte mit aller Kraft den Hals ihres Vaters. Die Pädagogin reagierte mit: “Es ist doch alles gut”, woraufhin Lara noch lauter weinte. Die Pädagogin reagierte zögernd und fragte, ob man nun dem Papa winken solle. Lara weinte noch lauter, woraufhin der Vater beschloss den Raum zu wechseln und in Ruhe das Gespräch mit seiner Tochter zu suchen. Die Pädagogin registrierte dies und meinte, dass sie wieder zurückkommen könnten, wenn es Lara besser ginge.

Welchen Folgen resultieren in beiden Szenarien für alle Beteiligten daraus (Kind, Elternteil und Betreuungsperson)? Wenn sich Kinder sicher und geborgen fühlen, das pädagogische Verhalten kohärent ist, werden sie explorieren und weitere Bedürfnisse erfüllen können, wie etwa das Streben nach Autonomie. Die Ergebnisqualität ist bei gelungener Umsetzung ein praktisches Abbild der Theorie aus der element-i Konzeption. Die Systematik lässt sich auf jeden weiteren Tagesablaufpunkt ableiten, ob Freispiel, Kinderkonferenz, Intensivphase etc.

Das Freispiel im element- i Kinderhaus

Diese Phase im Tagesablauf eines Kinderhauses verdeutlicht, wieso ein durchdachter Rahmen wesentlich für ein gutes Ergebnis ist. (vgl. Kammerlander et al. 2018, S. 12)

In Freispielsituationen wird den Kindern die Möglichkeit gegeben zu explorieren, ihre Interessen zu entdecken und ihre Kompetenzen zu vertiefen. Stellen Sie sich vor, dieser Prozess hätte keinen Rahmen. Räume wären nicht vorbereitetet, Spielmaterialien würden nicht zur Verfügung stehen, die Mitarbeiter:innen in den Häusern wüssten nicht, was sie zu tun hätten. Die Kinder wären sich selbst überlassen – es ist demnach dem Zufall überlassen, was sie lernen und was nicht. Was geben unsere Qualitätsstandards für das Freispiel der Kinder vor?

Die Lernumgebung ist differenziert auszugestalten, damit die Kinder selbstständig und selbstwirksam in der Ihnen zur Verfügung gestellten Lernumgebung explorieren können, Erfahrungen sammeln können, in Interaktion mit anderen Interaktionspartner:innen treten können. Sie werden in ihren Emotionen durch erwachsene Bezugspersonen begleitet, weil sie sich entwicklungsbedingt noch nicht durchgehend und vollumfänglich selbst regulieren können. Sie sind aktive Interaktionspartner:innen, aufmerksam, tangieren unter Berücksichtigung der Leitlinien und des Erziehungsstils aus, ob Sie in Interaktion treten oder beobachten. Der konzeptionell klar definierte Rahmen zeigt auf, wie jede Phase auszugestalten ist, um jedes Kind in seiner Individualität wahrzunehmen. Gäbe es keinen Rahmen, wären Willkür und nicht selten Chaos die Konsequenz. Bemerken Sie Chaos, reflektieren Sie den Rahmen, den Sie den Kindern zur Verfügung stellen.

Ich bin Ihnen noch die Antwort schuldig, wie das Ergebnis nach 18 Jahren element-i für Lara aussieht. Bevor das geschieht, muss ich in meinen nächsten Artikeln noch auf den Erziehungsstil, die Beobachtungsinstrumente und die Persönlichkeitsentwicklung eingehen und mich den element-i Schulen widmen. Teil 2 zu diesem Thema finden Sie hier.

Literatur

Kammerlander, C., Rehn, M., & Pädagogischer Leitungskreis. (2018). element-i Konzeption.

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