Taktile Wahrnehmung – Druck und Schmerz?

Die Haut ist das größte sensorische Organ des Körpers. Sie ist die Verbindung zwischen innen und außen und regelt als Kontaktorgan das Verhältnis zwischen dem Körpergeschehen und der Umwelt. Die Haut hat viele Funktionen und ist für das Überleben des Menschen wichtig. Sie übernimmt unter anderem folgende wichtige physiologische Funktionen:

  • Schutzfunktion: Reaktionen auf mechanische Verletzungen, Strahlen, Eindringen fremder Substanzen, etc.
  • Temperaturregulation: Reaktionen auf Kälte und Wärme
  • Stoffwechsel: Abgabe von Stoffen wie z. B. Schweiß

Die Haut verfügt über eine große Zahl an sensorischen Wahrnehmungsrezeptoren, die verschiedene Reize empfangen: Temperatur, Berührung, Schmerz, Vibration, Druck, Zug, etc. Empfindliche Nervenzellen sitzen dicht unter der Hautoberfläche. Bei bereits leichtem Druck (z. B. Berührung) erzeugen diese ein elektrisches Signal, das über die Nervenbahnen zum Gehirn geleitet wird. Im Gehirn entsteht ein Bewusstsein für die Berührung, und es erkennt die Stärke der Berührung und den Ort der Berührung am Körper. Stärkere Berührung empfinden wir als Druck, einen sehr starken Druck empfinden wir als Schmerz.

Die vier Wahrnehmungsbereiche

Die taktile Wahrnehmung gliedert sich in vier Wahrnehmungsbereiche: Berührungswahrnehmung, Erkundungswahrnehmung, Temperaturwahrnehmung und Schmerzwahrnehmung. Blicken wir nun auf die Schmerzwahrnehmung: Schmerz ist das wichtigste Warnsignal. Die Haut nimmt giftige, schädliche oder verletzende Einwirkungen durch Schmerzen wahr und reagiert darauf. Ein sanftes Schmerzempfinden wird als Warnzeichen wahrgenommen. Ein stechender oder brennender Schmerz ist ein Hinweis auf eine drohende Verletzung und dient der Steuerung weiterer motorischer Aktivitäten. Ohne diese Warnsignale hätten wir bereits viele ernsthafte Verletzungen, Verbrennungen oder Knochenbrüche, ohne sie zu erkennen.

Kinder lernen aus der Erfahrung

Kinder brauchen unmittelbare Erfahrungen, um Situationen einschätzen zu können. Sie müssen tasten und ausprobieren können, um zu erfahren, ob ein Gegenstand sie verletzen könnte oder nicht. Leichte Schmerzempfindungen, die die Haut an das Gehirn weiter leitet, sind Teil des Warnsystems und erregen Aufmerksamkeit. Diese Erfahrungen sind wesentliche Lernerfahrungen. Berührungen unterschiedlicher Intensität sind Reizinformationen, die Dinge und Ereignisse in der Umwelt bewerten (im Hinblick auf Gefahren). Um diese sensiblen Fähigkeiten zu erlangen, benötigen Kinder Erfahrungen wie Berührungen zu lokalisieren, deren Intensität abzuschätzen und auch die Kraft ihrer Extremitäten zu dosieren.

Zur Förderung der taktilen Wahrnehmung sind folgende Aspekte bedeutsam:

  • Temperatur: Wie fühlen sich verschiedene Temperaturen an? Was ist kalt und was ist warm? (Achtung: nicht eiskalt bis heiß)
  • Berührungsstärke: Was drückt stark? Wie fühlt sich leichter Druck an?
  • Berührungslokalisation: Wo habe ich einen Druck gespürt?
  • Berührungsqualität: Was habe ich gespürt – spitz, stumpf, glatt, rau, …?
  • Druckstärke: Wie stark muss ich drücken, um eine Wäscheklammer zu fixieren, mit einem Stift zu schreiben, eine Zitrone auszupressen …?
  • Bewegungsausprägung: Wie stark muss ich anspannen, um einen Ball zu schießen, einen schweren Gegenstand hochzuheben?
  • Körperschema: Mit geschlossenen Augen spüren, welcher Finger z. B. wurde berührt?

Quellen:
Zimmer, Renate (2019): Handbuch Sinneswahrnehmung. Freiburg: Herder
Groschwald, Anne; Rosenkötter, Henning (2016): Vom Wahrnehmen zum Lernen. Frühe Bildung in Krippe und Kita. Freiburg: Herder

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