In jeder Krippe und auch in der Kita gibt es von Zeit zu Zeit Kinder, die andere Kinder aus unterschiedlichsten Gründen beißen. Die Thematik ist für Fachkräfte häufig pädagogisch herausfordernd. Besonders kritisch wird es, wenn es Kinder gibt, die wiederholt beißen. Die Gründe der Kinder sind vielfältig, es bedarf einer sehr genauen Analyse der Situation und stets responsiver und achtsamer Reaktionen von Fachkräften.
Das Stigma von Kindern, die beißen
Beißen gilt in unserer Gesellschaft, obwohl es als Verhalten aus entwicklungspsychologischer Sicht nicht unüblich ist, als besonders grausam im Vergleich zu zum Beispiel Hauen. Das Beißen soll schnellstmöglich abgestellt werden. Kinder, die beißen, werden nicht selten ausgeschlossen und haben einen besonderen Ruf, den sie nicht mehr leicht ablegen können. Dazu möchte ich Ihnen kurz ein Beispiel aus meinen eigenen Erinnerungen beschreiben. Ich kann mich gut erinnern, welches Kind in meiner Spielgruppe das „Beiß-Kind“ war und auch, wie wir Kinder uns von diesem Kind ferngehalten haben. Das taten wir ohne Rücksicht diesem Kind gegenüber. Wir haben uns versteckt, das Kind beschimpft und uns gegen dieses Kind zusammengetan und abgesprochen, wie wir das Spiel mit ihm vermeiden. Einfach grausam von uns. Ebenso berichtet meine Mutter heut noch, wenn es um das Thema Beißen geht, wie schlimm meine Schwester von diesem Kind gebissen wurde. Geschichten darüber, wer von uns von einem anderen Kind gehauen oder gekratzt wurde, gibt es hingegen nicht. Fragen Sie in Ihrem Umfeld einmal Personen, was Sie über das Beißen und beißende Kinder denken.
Diese Beiß-Situationen können Ihnen begegnen
Die Tragweite und Folgen für ein Kind, das beißt, sind entsprechend schwerwiegend. Ihnen als Fachkraft obliegt aus diesem Grund eine besondere Verantwortung im Umgang mit dem Thema Beißen. In Ihrem pädagogischen Alltag werden Ihnen Situationen wie die Folgenden begegnen:
- Vertieft spielen alle Kinder im Freispiel. Ein Schrei ist zu hören. Sie drehen sich um und sehen, dass Jan in den Arm von Tim beißt.
- Wütend kommt die Mutter von Anna auf mich zu. Anna sei nun schon wieder gebissen worden. Sie sieht den Abdruck auf der Haut ihres Kindes. Sie möchte unbedingt wissen, welches Kind ihre Tochter immer wieder beißt. Sie möchte das Thema privat mit der Mutter klären. Außerdem äußert sie, dass sie, wenn ihre Tochter weiter gebissen würde, sie aus der Kita nimmt. Sie als Fachkraft scheinen die Sicherheit des Kinders nicht gewährleisten zu können.
- Paula und Mathilda streiten sich in der Bauecke. Mathilda wirft absichtlich Paulas Turm um. Sie sehen, wie Paula wütend wird. Sie kennen Paula. Sie hat in letzter Zeit immer wieder gebissen, wenn sie sich mit Kindern gestritten hat.
- Meine Kollegin Sabine kommt zu mir und spricht mich auf ein Kind an, dass in letzter Zeit häufiger gebissen hat. „Wir machen hier in der Kita doch alles richtig. Wir haben uns alle Situationen im Alltag angeschaut. Der Grund, warum Tim beißt, kann nicht in der Kita liegen. Die Eltern kümmern sich nicht genug um ihn. Auf meine Gesprächsanfragen reagieren sie auch nicht.“
- „Ich bin ein Löwe“, ruft Paco und rennt freudestrahlend auf mich zu. Ein Schmerz und verblüfft stelle ich fest, dass Paco seine Löwenzähne in meine rechte Schuler gehauen hat.
- „Vielleicht sollte man das Kind, das beißt, einfach zurück beißen. So merkt es, wie schmerzhaft es ist und dann hört es damit auf“, überlegt ein Kollege in der Teamsitzung.
- „Kinder, die beißen, haben in einer Krippe nichts verloren“, fordert der Elternbeirat in einem Gespräch mit Ihnen.
- „Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll. Ich bin am Ende,“ äußert Paulas Mutter im Gespräch. „Ich mache mir wirklich Sorgen um ihre Zukunft. Ich verstehe nicht, warum sie beißt.“
Nützliche Fragen für Sie als Fachkraft
Als Fachkraft sollten Sie sich Gedanken gemacht haben, wie sie mit verschiedenen Situationen umgehen. Auch im Team sollten Sie sich über Ihre Reaktion und Haltung zum Thema austauschen. Folgende Fragen können Ihnen helfen, weiter über das Thema nachzudenken:
- Wie würden Sie als Fachkraft in einer dieser geschilderten Situationen spontan reagieren?
- Welchem Kind wenden Sie sich nach einem Beiß-Vorfall zuerst zu und wie tun Sie das?
- Stellen Sie sich eine der Situationen vor. Wie fühlen Sie sich: kompetent oder überfordert?
- Welche Ursachen kann Beißen haben?
- Welche Strategien haben Sie, um die Ursachen des Kindes für das „Beißen“ herauszufinden?
- Wie denken Sie über Kinder, die beißen?
- Wie besprechen Sie mit den Eltern die Thematik?
- Welche Eltern sprechen Sie überhaupt an?
- In welchem Setting sprechen Sie mit Eltern?
Über Ihre Gedanken und Kommentare zum Thema freue ich mich.
Literaturempfehlung: Gutknecht, D. (2015): Wenn kleine Kinder beißen. Achtsame und konkrete Handlungsmöglichkeiten. Freiburg: Herder.
Ein Artikel an der Realität vorbei. Gut gemeint, aber nichts was eine pädagogische Fachkraft nicht schon weiß. Das Problem bei Kindrrn, die beißen, ist die Gefahr für die anderen Kinder! Der Fokus wurde in diesem Artikel auf das beißende Kind gerichtet, aber die gebissenen Kinder tragen oft einen Schock davon. Die Triggerpunkte warum Kinder beißen, sind nicht immer rechtzeitig zu erkennen. Wer übernimmt die Verantwortung, wenn einem Kind ernsthaft Schaden zugefügt wird?
Vielen Dank für Ihren Kommentar zu unserem Artikel „Wenn kleine Kinder beißen“.
Das Thema Beißen ist tatsächlich äußerst komplex und umfasst viele Aspekte, die in einem einzigen Artikel nur schwer umfassend behandelt werden können. Wir haben uns bewusst auf das beißende Kind konzentriert, um durch gezielte fachliche Schwerpunkte ein tieferes Verständnis für die Ursachen und Hintergründe dieses Verhaltens zu schaffen, damit beißende Kinder nicht stigmatisiert werden.
In der Diskussion um das Thema ist es wichtig, zwischen entwicklungsbedingtem Beißen, das häufig im frühen Alter vorkommt, und auffälligen Verhaltensweisen zu unterscheiden, die unter Umständen eine gezielte Unterstützung durch Fachdienste oder zusätzliche Elterngespräche erfordern.
Und auch wenn dieser Artikel die Perspektive der gebissenen Kinder nicht abdecken kann, liegt uns natürlich das Wohl aller beteiligten Kinder am Herzen. In unseren Einrichtungen setzen wir uns dafür ein, dass gebissene Kinder Trost, Zuwendung und ehrliches Mitgefühl erfahren, um die Situation besser zu verarbeiten.
Wir hoffen, dass dieser Ansatz ein umfassenderes Bild bietet und zur weiteren Auseinandersetzung mit dem Thema anregt. Hier finden Sie zusätzlich noch weitere Beiträge rund um das Thema „Soziales Miteinander“: Soziales Miteinander – element-i
Ich möchte mich der Aussage von Daniela anschließen. Das Beißen im Kleinkindalter vorkommen kann ist mir bewusst. Was es antriggert, dass dieses Verhalten an den Tag gelegt wird ist zu klären. Daher müsste aus meiner Sicht für solche Kinder eine eigene Betreuungsperson abgestellt werden. Denn es geht auch darum die anderen Kinder vor dem /der Beißen zu schützen, und die Ursache für dieses Verhalten zu finden.
Bin seit fast 40 Jahren Pädagogin, auch sonderpädagogin und Psychologin.
Vielen Dank für Ihren Kommentar zu unserem Artikel „Wenn kleine Kinder beißen“. Unsere Antwort auch zu Ihrer Frage finden Sie oben/bei Daniela.
Ich finde den Artikel gut. Ich habe ein 2Jährigen Kind das beisst, und es ist nicht einfach. Das Kind das gebissen wird, gibt man Aufmerksamkeit, Trost und Zuneigung. Das Kind das beisst wir Abgegrenzt und Bestraft. Klar ist es nicht schön und gefährlich für das Kind das gebissen wird. Aber es ist nicht leicht für das Kind das beisst. Es ist sehr schwierig abzuklären warum und wieso es beisst und das braucht Zeit. Für uns als Eltern ist es schwierig weil sehr wenig Verständnis von den anderen Eltern da ist. Man wird böse angeschaut und beschimpft, man hätte sein Kind nicht im Griff. Es ist nicht einfach rechtzeitig zu reagieren, weil es meistens aus dem nichts kommt. Von der Kita muss man hören das es nicht mehr geht und man sich etwas neues suchen muss. Ist das der richtige Weg sein Kind wieder aus gewohnter Umgebung rauszunehmen und wieder neu Eingewöhnen und und und. Ich würde mir mehr Verständnis wünschen und anstatt von der Kita dieses Kind abzuschreiben und wegschicken, zusammen mit den Eltern eine Lösung zu finden.