Die 5 Erziehungsfehler, die ich heute vermeiden würde

Unser Sohn ist jetzt erwachsen. Er ist ein prima Kerl und hat sich super entwickelt. Trotzdem: Es gibt Erziehungssituationen, die gehen mir bis heute nach. Denn ich bin mir sicher: Ich hätte es oft deutlich besser machen können. Ich glaube, es hätte mir geholfen, wenn ich damals gewusst hätte, was ich heute weiß. Hier kommen daher meine persönlichen Top 5 Erziehungsfehler und Ansätze fürs Bessermachen: 

Gewalt anwenden 

Klar, das machen wir nicht! Wirklich? Ist es nicht Gewalt, wenn ich – Asche über mein Haupt – mein tobendes Kind in sein Zimmer sperre? Wenn ich es packe und irgendwo wegzerre? Wenn ich es anschreie, kleinmache, beschäme? 

Was hilft? Innerlich zurücktreten: Erst überlegen, die Situation neu bewerten (z.B. erkennen, dass mein tobendes Kind gerade seinen Emotionen hilflos ausgeliefert ist und meine Hilfe braucht) und dann (anders) handeln.  

Inkonsequent und unzuverlässig sein

Kinder benötigen Orientierung in einer Welt, die sie ständig mit Neuem konfrontiert. Klare Regeln und Strukturen helfen ihnen dabei. Dumm nur, wenn ich die Regeln dann selbst immer wieder durchbreche: Wenn es doch Süßigkeiten vor dem Essen gibt, weil das Kind quengelt. Wenn ich einen Ausflug verspreche und ihn dann – aus welchen Gründen auch immer – doch nicht mache.  

Was hilft? Diszipliniert sein und durchhalten: Klare Regeln und Verlässlichkeit erleichtern langfristig das Zusammenleben für alle. Für mich ist dies – ehrlich gesagt – eine der größten Herausforderungen bei der Kindererziehung. 

Wenig zutrauen 

Plätzchen backen, mit einem Freund alleine zum Spielplatz laufen, auf einehohen Baum klettern …: „Dafür ist er/sie noch zu jungzu unerfahrenzu ungeschickt…“ Oft trauen wir unseren Kindern viel zu wenig zu. Aus Vorsicht möchten wir sie am liebsten in Watte packenWas mein Kind daraus lernt: „Die Welt ist schwierig und gefährlich, und ich bin nicht fähig, damit zurechtzukommen.“ 

Was hilft? Sich bewusst machen: Kinder benötigen Herausforderungen, um daran zu wachsen, Erfolge, die sie eigener Leistungsfähigkeit und Anstrengung verdanken. So erfahren sie: „Ich bin kompetent und kann neue Aufgaben zuversichtlich anpacken.“ 

Unklar und zu viel reden 

Kommunikation ist, da bin ich mir sicher, ein Schlüssel zum Erziehungserfolg. Ich weiß noch, wie oft ich beim Blick ins Gesicht unseres Sohnes dachte: „Von dem, was ich ihm jetzt gesagt habe, ist nichts angekommen.“ Ich hatte, wie so oft, keine klare Ansage gemacht, sondern viel zu viel herum und auf ihn eingeredet. 

Was hilft? Klare Aussagen treffen (z.B. keine Höflichkeitsfrage stellen, wenn ich eigentlich eine Bitte äußern möchte). Eine andere Haltung einnehmen: mit dem Kind reden (nicht zu ihm), es als Gesprächspartner ernst nehmen. Am besten auf Augenhöhe. Das gilt ganz wörtlich und bedeutet bei kleinen Kindern: in die Knie gehen. 

Vergleichen 

„Andy kann sich schon auf den Bauch drehen“, „Sara schreibt ihren Namen“, „Bernd lernt Klavierspielen“, „Katharina ist sehr gut in Mathe“: Das soll mein Kind bitte auch machen! Es hat lange gedauert, bis diese Schallplatte aufhörte in meinen Kopf zu laufen und die Sicherheit kam: „Er findet genau den Weg, der zu ihm passt!“ 

Was hilft? Das Vertrauen zu nähren, dass mein Kind sich schon gut entwickeln wird – in seinem eigenen Tempo und mit seinen eigenen Schwerpunkten. Mit dem Wissen: Es ist sein Leben. Er/sie muss es gut finden, nicht ich. 

Die Grundhaltung ist wichtig 

Eigentlich kommt wohl alles auf das eigene Menschenbild und die Haltung zum Kind an. Wenn die stimmt, ist es kaum noch nötig, 1.001 Erziehungstipps durchzudeklinieren. Denn dann ergibt sich – mit etwas Nachdenken – vieles ganz logisch aus dieser Grundhaltung.  

Sie besagt: Ich respektiere mein Kind als eine eigenständige Persönlichkeit mit eigenen Rechten – zum Beispiel mit dem Recht, altersangemessen selbst über sich und über seine Alltags- bzw. Lebensgestaltung zu bestimmen, mit dem Recht, Fehler zu machen und aus eigenen Erfahrungen zu lernen und mit dem Recht auf Privatsphäre, auf Bildung und Erziehung aber auch auf Freizeit und ErholungAls Mutter oder Vater gebe ich meinem Kind Liebe und Geborgenheit und damit die Sicherheit, die es braucht, um die Welt erkunden zu können. Bei diesem Welterkundungsprozess begleite ich es vertrauensvoll – wie ein Coach, dessen Ziel es ist, schlummernde Potenziale zu wecken. Ich kann meinem Kind meine Ideen, Haltungen und Werte mit auf den Weg geben. Was es daraus macht, bleibt ihm überlassen. Das akzeptiere ich. 

Das zu verinnerlichen, geht sicher nicht so schnellAber vielleicht hilft es, es sich ab und zu durch den Kopf gehen zu lassen – zum Beispiel in herausfordernden Erziehungssituationen.

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