In der letzten Qualitätswerkstatt Kleinstkinder haben wir uns über das Thema „Nähe und Distanz“ zwischen Fachkräften und Kindern unterhalten. An diese Gespräche wurde ich durch den Artikel „Wandel der Sprache“ erinnert. Auch in der pädagogischen Arbeit werden wir mit dem Wort „Mama“ konfrontiert und dies gar nicht so selten. Kolleg*innen berichten mir immer wieder, dass Kinder sie mit „Mama“ ansprechen und dass diese Ansprache sie herausfordert. Was löst diese Bezeichnung durch ein Kind bei Ihnen aus? Warum sagt das Kind „Mama“ zu Ihnen?
Die Frage ist hierbei eigentlich, was bedeutet das Wort „Mama“ für ein Kleinkind? In welchem Zusammenhang und warum nutzt das Kind dieses Wort? Es bedeutet sicherlich nicht: „Hallo du, die mich geboren hat“. Diese Bedeutung wird ein Kleinkind dem Wort noch nicht geben. Unsere Erwachsenendefinition von „Mama“ ist eine andere als die Bedeutung, die das Kind diesem Wort gibt. „Mama“ bedeutet für das Kind vielleicht: „Hallo du, die sich gut um mich kümmert“, oder „Hallo du, ich brauche dich gerade“. Dass das Kind Sie als sein gegenüber in der Kita mit „Mama“ anspricht, bedeutet ganz sicher, dass das Kind Sie als Bezugsperson ansieht und Ihnen vertraut. Es weiß, dass es, wenn es Sie anspricht, seine Bedürfnisse erfüllt bekommt. Das Kind nutzt das Wort „Mama“ ganz klar, um mit Ihnen zu kommunizieren.
Das Wort „Mama“ im Kontext Kita zeigt vor allem, dass das Kind eine Ansprache für Sie nutzt, die es bereits gelernt hat. Denn „um das 1. Lebensjahr herum werden die ersten Laute gezielt gebildet. Das sind diejenigen, die sich vom Mund leicht ablesen lassen, die fast in allen Sprachen vorkommen und die vom Kind selbst leicht zu imitieren sind (…)“ (Wendlandt, 2006, S. 16). Wendlandt beschreibt weiter, dass diese Laute weltweit zu den ersten Wörtern von Kindern verbunden werden. Die ersten Wörter, die Kinder auf der ganzen Welt als erstes sprechen können, sind „Mama“ und „Papa“. Zu diesem Zeitpunkt kann es den Namen der Fachpersonen in der Kita natürlich noch nicht aussprechen. Es hat allerdings verstanden, wie es mit seiner Umwelt kommunizieren kann. Das Kind bedient sich der Wörter, die es zu diesem Zeitpunkt produzieren kann. Aus diesem Grund bezeichnet das Kind Sie zu dieser Zeit klugerweise auch als „Mama“ oder „Papa“.
Sie können sich stets sicher sein, dass das Kind zwischen Ihnen als Fachperson und der eigenen Mutter unterscheiden kann, auch wenn es in einer Phase seines Lebens das gleiche Wort für Sie und die eigenen Mutter benutzt.
Hinweis: Zur besseren Lesbarkeit habe ich darauf verzichtet, auch immer „Papa“ zu formulieren. Genau diese Bezeichnung gegenüber männlichen Fachpersonen gibt es selbstverständlich ebenso im pädagogischen Alltag.
Literatur
Wendlandt, Wolfgang (2006): Sprachstörungen im Kindesalter. 5., vollst. überarb. Aufl. Stuttgart: Thieme