Rassismus in der Kita: Ein Praxisimpuls zum Thema

„Ich will nicht, dass sie hier ist.“ Weinerlich und mit piepsiger Stimme steht ein 2,5-Jähriger vor mir. „Wen meinst du?“ frage ich etwas irritiert zurück. Ich dachte, dass eine fremde Person im Raum wäre und schaute mich genau um. Doch ich fand niemanden, der dem Kind oder mir fremd war. „Die da! Die ist so schwarz!“ kam es schnell – den Zeigefinger auf ein Schwarzes Mädchen gerichtet. Ich erstarrte und war gleichzeitig betroffen. Was tue ich nun? Wie reagiere ich angemessen? Soll ich darauf eingehen? Soll ich das Kind ablenken? Wie reagiere ich auf die betroffene Person? Das Kind wollte den Raum und somit die Situation verlassen, was ich zuließ. Ich wandte mich dann an das Schwarze Mädchen und fragte, ob alles in Ordnung sei, was sie bejahte.

Handeln ist gefragt

Die Situation machte mir klar, dass Handlungsbedarf bestand. Ich brauchte Unterstützung und fand diese in Büchern und auf Seiten zum Thema Anti-Rassismus. Das Thema machte mir klar, wie vielschichtig Rassifizierung und Diskriminierung sind. Wir leben und denken weiß – ohne bewusste Entscheidung. Unsere Prägung und Erziehung, unsere Einstellung und Aussagen sind unbewusst vorbelastet. Wo kann ich beginnen? Wie kann ich Kindern einen differenzierten Blick auf die Welt mitgeben – ohne den Zeigefinger zu erheben, ohne mahnend zu werden? Welche Begriffe benutze ich? Wie spreche ich die Kinder an?

Mit einem sehr praxisnahen Impuls kam ich leicht mit den Kindern über Hautfarben ins Gespräch. Beim Malen wurden Hautfarbenstifte genutzt und die Frage „Welche Farbe ist denn Hautfarbe?“ stand im Raum. Ich malte mit den Kindern Handabdrücke auf weißem Papier und bot ihnen verschiedene Hautfarben an. Aus einem Handabdruck entstanden schnell mehrere Abdrücke mit verschiedenen Farben auf einer Hand, die Hände wurden dunkler. Die Kinder sprachen darüber, wer in der Gruppe eine hellere Hautfarbe hat und wer eine etwas dunklere. Die Fragen, warum manche Menschen hellere Haut und manche dunklere haben, kam hinzu und die Frage, warum wir überhaupt unterschiedliche Hautfarben haben. Ich erklärte den Kindern sehr vereinfacht die biologische Wirkungsweise von Melanin.

Kreativität im Kinderhaus: Hautfarben-Stifte und Kostüme

„Jeder hat das?“, fragte ein Kind. „Und im Sommer? Warum wirst du dann rot und nicht, so wie ich, braun?“ – Die aufkommenden Fragen zeigten mir, dass Kinder auch zunächst komplex aussehende Themen nachvollziehen können. Nach dem Impuls haben wir im Kinderhaus einen Tisch eingerichtet, auf dem frei zugänglich Hautfarben-Stifte und Papier bereitliegen. Dazu gibt es eine kleine Ausstellungsfläche für fertige Kunstwerke.

Parallel entstanden weitere Ideen, um mehr Vielfalt ins Kinderhaus zu bringen. Ich wollte den Kindern die Möglichkeit eröffnen, mit und ohne Ansprache ihre Weltansicht zu erweitern. Unter anderem entstand so ein neuer „Kleiderschrank“. Die Kostüme der (weißen) Prinzessin wie auch die indigener Völker (rassistische Darstellung von „Ind**nern“) wurden aussortiert. Stattdessen finden Kinder einen Kleiderschrank gefüllt mit Röcken, Hosen, Oberteilen, Gürteln und vieles mehr vor. Es ist die individuelle Entscheidung eines jeden Kindes, was es anzieht und wie es sich darin fühlt. Kinder kreieren nun eigene Kostüme, verwandeln sich nicht in Vorlagen, sondern in eigene fantastische Rollen.

Kleine Schritte gegen Rassismus: Aktive Ansprache und interkulturelle Bildung

In der aktiven Ansprache der Kinder wandelte sich meine Wortwahl. Ganz bewusst nutze ich den Kindern gegenüber Wörter wie BiPoc, Schwarz oder afrodeutsch. Bildbände aus verschiedenen Ländern, Bilder verschiedener Menschen bei alltäglichen Situationen, beim Beten oder bei einem Fest, sind im Raum ausgestellt. Insgesamt helfen diese kleinen Schritte dabei, Kinder in ihrem Alltag anti-rassistisch zu begleiten.

Ob das Kind aus dem Anfangsbeispiel noch Angst hat? Das weiß ich nicht. Aber das Kind und die Auseinandersetzung mit seiner Angst und dem Thema Anti-Rassismus hat mir geholfen, mein Weltbild neu zu ordnen, offener und sensibler mit den Kindern und meinem Umfeld umzugehen.

Stefanie Menck, element-i Kinderhaus Sterngucker

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