Was ist Glück und brauchen wir es als Schulfach?

Montag, 6:15 Uhr: Der Wecker klingelt nach dem beherzten Druck auf die Snooze-Taste schon zum dritten Mal, trotzdem wollen die Augen immer noch nicht aufgehen. Die neue Woche startet – für viele Kinder und Jugendliche in Deutschland mit Müdigkeit, teils mit Stresssymptomen und, je nachdem welcher Quelle man glaubt, für fünf bis zehn Prozent sogar mit Schulangst[1]. Das darf so nicht weitergehen! Unsere Schulen sollen Orte sein, um für das Leben zu lernen, Freude an Leistung zu entwickeln und im Idealfall sogar Glücksgefühle auslösen.

Aber was ist eigentlich Glück?

Glück im Unglück hatten wir alle, als die Psychologie und die Lernforschung in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr den Fokus darauflegten, Menschen zu stärken, sodass sie ihre Ressourcen erkennen, und sie dazu anzuleiten, immer mehr für ihr eigenes Wohlergehen, ihr eigenes Glück zu sorgen. Der Begriff Glück ist dabei nicht im Sinne von Zufall gemeint, sondern besteht zum einen aus den kleinen Glücksmomenten, die mit den Hormonen Serotonin und Dopamin belohnt werden, und zu einem noch größeren Teil aus einem langfristigen Lebensglück nach dem Prinzip der Salutogenese. Glück ist also kein fester Zustand, sondern ein Wohlergehen, das immer wieder gestärkt und erhalten werden will. In der positiven Psychologie ist dieses Lebensglück auf den Säulen Sinn und Werte, Beziehung, Leistung, körperliches Wohl und materielle Sicherheit aufgebaut, die der Mensch zu großen Teilen selbstwirksam steuern und idealerweise optimistisch angehen kann.

Wie Glück zum Schulfach wurde

Ernst Fritz-Schubert startete auf dieser Grundlage im Jahr 2007 ein kleines Pilotprojekt an der Willy-Hellpach-Schule in Heidelberg. Er wollte ein Schulklima fördern, das von Lebensfreude, Lebenskompetenz und Persönlichkeitsentwicklung getragen werden sollte. Mittlerweile werden Pädagog:innen am Fritz-Schubert-Institut zu Glücks-Lehrkräften ausgebildet und das Schulfach ist in vielen Schulen Deutschlands und Österreichs bereits eingeführt worden. Wir haben Ernst Fritz-Schubert Anfang 2023 dazu bereits interviewt (das Interview mit ihm können Sie hier nachlesen).

Auch in der element-i Grund- und Gemeinschaftsschule im Bildungshaus Karlsruhe hat sich unsere Kollegin Franziska Löber als Glückslehrkraft weitergebildet und bietet bereits einzelne Impulse daraus für unsere Schüler:innen an. Das Schulfach „Glück“ soll auch in der kommenden Oberstufe als Seminarkurs angeboten werden. Trotzdem bliebe „Glück“ damit ein Wahlfach, Zusatzfach oder eine AG. Darüber wollen wir deutlich hinausgehen.

Was ist der weitere Plan für die element-i Schulen?

Das Schulfach „Glück“ wird in den element-i Schulen nicht allein auf weiter Flur bleiben, sondern Teil eines wachsenden Rahmenprogramms zur sozialen und mentalen Fitness unserer Schüler:innen werden. Wo das element-i Konzept bereits interessengeleitet, stärken- und ressourcenorientiert vorgeht und die Entwicklung von Persönlichkeit und Verantwortung für die Gemeinschaft in den Fokus nimmt, ergänzen vielfältige methodische Zugänge die Stärkung des Wohlbefindens unserer Schüler:innen. Impulse und Projekte unter anderem aus der Erlebnispädagogik, der Theaterpädagogik, dem Embodiment, der Kampfkunst sowie Mentaltraining, Achtsamkeitstraining und Selbstmanagement sollen dazu befähigen, Dinge kritisch zu hinterfragen, Werte zu entwickeln und Sinn zu entdecken. Die Kinder und Jugendlichen erfahren die Verbindung mit der Natur und der sie umgebenden Umwelt, drücken sich kreativ aus und üben den Umgang mit ihren Emotionen. Sie trainieren bewusste Kommunikation, bewältigen Herausforderungen allein und in der Gruppe, treffen Entscheidungen und erleben dabei Selbstwirksamkeit, Vertrauen und letztlich Freude an Leistung, am eigenen Vorankommen. Eben Freude am Lernen.

Dabei sehen wir auch die element-i Schulen als lernende Institution. Auch wir haben Freude am Lernen und Freude am Vorankommen und sind bereits voller Vorfreude auf unseren Glücksort Schule.

Glückstipp für heute

Nimm am Morgen fünf Bohnen oder kleine Kieselsteine in die linke Hosentasche. Jedes Mal, wenn du für etwas dankbar bist, wandert eine Bohen oder ein Stein in die rechte Hosentasche. Packe sie am Abend aus und notiere dir kurz, wofür du heute dankbar sein darfst.

Glücksübung mit Kindern und Jugendlichen

Für das eigene Wohlbefinden ist es sehr wichtig, einen guten Umgang mit den eigenen Emotionen zu finden und diese nicht zu verdrängen, sondern bewusst zu bearbeiten.

Sucht zusammen ein Gefühl aus, z. B. Wut, und lasst sie voll zu, steigert euch hinein, spielt so richtig damit! Überlegt euch, auf was oder wen ihr schon einmal wütend wart, und malt dafür ein Symbol auf ein Blatt. Nun lasst eurer Wut freien Lauf. Kratzt vielleicht an dem Blatt oder haut es, zerknüllt es und werft es, schreit es an, trampelt darauf herum, bis ihr außer Atem seid. Ihr werdet bestimmt viele kreative Wut-Ideen haben.

Sprecht anschließend darüber, wie das war: Wo fühlt ihr eure Wut im Körper? Wie fühlt sie sich an? Ist sie wie ein kalter Stein oder brennend heiß, ist sie rau oder aalglatt, ist sie riesig und wuchtig wie Blitz und Donner oder winzig und piekst euch wie eine Nadel? Was könnt ihr tun, wenn ihr das nächste Mal wütend seid, damit niemand zu Schaden kommt?

Quellen

[1] Kinderwerte-Monitor 2008 (Geolino/UNICEF) und Sulkes MD, Stephen Brian

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